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Buch der Akkorde

5 Dos und Don´ts, durch die Musikmachen deinen Stress erhöht, statt abzubauen

Wenn du als Kind mal – so wie ich – erleichtert einen Unterricht am Instrument aufgegeben hast und du dich fragst, warum sich so viele Erwachsene als unmusikalisch bezeichnen: hier ein paar Antworten und Erkenntnisse, was das mit alten Mustern und überholter Pädagogik zu tun haben könnte.

1. Du musst „Töne treffen“

Wenig verbreitet in der Welt des Musiklernens und -machens mehr Stress, als das Gebot des „Töne treffens“. Und klar, wer Musik spielen will, so wie sie sich jemand anderes ausgedacht hat (also nach Notenvorlage, siehe Punkt 4), der sollte sich mehr oder weniger an eine festgelegte Abfolge von Tönen halten können.

Dazu kommt: wer ein Streich- oder Blasinstrument spielt oder singt, hat recht viel Auswahl zwischen den Tonvarianten desselben Tons. „Richtig spielen“ will daher gelernt sein. Die Frage ist nur, wie. 

Übung, sagen die Meisten – also Wiederholung von Bewegungsabläufen nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ oder in diesem Fall – das Ohr. Klingt mühsam? Ist es auch.

Viel effektiver und außerdem stressabbauend ist aus meiner Erfahrung der wahrnehmungsorientierte Weg: Was spürst du von deinen Tonverbindungen? Welche Spannung erzeugt ihr Abstand, die Enge oder Weite in deinem Körper? Wie stark vibrieren die Saiten, Tasten oder Klappen?

 

 

Das bringt dich in den Moment und macht dein Musizieren zu einer Achtsamkeitspraxis, die dich auch schon jetzt entspannen und ausgleichen kann. Nicht erst dann, wenn "du das Stück kannst".

2.  Wer musiziert soll den „Takt halten“ können

Würde jemand zu unserer Musik tanzen und ständig ins Stocken geraten, wäre irgendwie kein Fluss drin. Doch dafür müssen wir nichts „halten“, auch keinen Takt. Im Gegenteil. Wir dürfen die Klänge auf stimmige Weise „voranbewegen“.

 

Um das stressfrei zu lernen brauchen wir kein Metronom und auch keinen genervt stampfenden Lehrer, sondern Bewegung – und zwar so ganzkörperlich wie möglich.

“Nach schlechten Erfahrungen mit Geigenunterricht in meiner Kindheit, habe ich für mich wieder ein intuitives Gespür für Musik bekommen – das ich so nun weitergeben kann.
 
Das eröffnet mir und meiner Tochter eine ganz neue Welt, einen neuen Blick auf Musik. Es war für mich ein Unlearning von allem, was ich über Musiklernen dachte.”

Berit, Mutter von Tochter, 2 Jahre

3. Sitz gerade, damit du eine gute Haltung hast

Wieviel Bewegung hast du im Körper, wenn dir jemand sagt „sitz gerade“? Genau. Wahrscheinlich nicht mehr viel. Die Idee, dass der eigene Körper mit viel Disziplin dem Willen unterworfen werden kann, hat den berühmten Komponisten und Pianisten Robert Schumann im 19. Jdh. sogar die Beweglichkeit zweiter Finger gekostet und war in der schwarzen Pädagogik durchaus verbreitet. 

Doch von einer Bewegungserlaubnis profitiert nicht nur dein Taktgefühl (siehe Punkt 2), auch deine Spielbewegungen werden dadurch viel klarer und einfacher – und außerdem treffsicherer, siehe Punkt 1. Warum?

Weil wir unsere Spielbewegungen am leichtesten über unser Balancesystem koordinieren, das über unser Ohr mit dem ganzen Körper vernetzt ist. Aus diesem Grund behindert dich eine „gerade Haltung“ am Instrument.

 

Balancierende Körperbewegungen dagegen richten dich genauso beim Spielen auf – aber sie unterstützen auch dein Musiklernen und machen es leicht. Und ersparen dir 5 häufige Probleme beim Gitarrelernen.

4. Musiklernen heißt Noten lesen

Hättest du deine Muttersprache gelernt, wenn jemand mit dir kleine Gedichte abgelesen und buchstabiert hätte – so 30 Minuten in der Woche?

 

Genauso wird Musik aber häufig vermittelt. Wir starten mit der Musiksprache in der Grundschule 1. Klasse an einem Buch – ohne vorher ein Wort gesprochen zu haben.

Kein Wunder, das Notenlesen für viele ein rotes Tuch bleibt, genauso wie ein mühsamer Stolperstein, der für viele zugeknallte Klavierdeckel sorgt.

 

Das ist nicht die Schuld einzelner, sondern ein Systemfehler: In Bayern wurde zuletzt der Musikunterricht an Grundschulen einfach gestrichen. Doch selbst, wer sich den privaten Musikunterricht noch leisten kann – in 30 Minuten Musikschule in der Woche lernt niemand ein Instrument.

Wer dann in seinen Eltern keine "musikalischen Muttersprachler" zu Hause hat, wird die Fremdsprache Musik nur schwer flüssig sprechen lernen.

Aus diesem Grund gebe ich meine musikpädagogische Erfahrung an Eltern weiter – als stärkende Resilienzpraxis.

"Die Musik hat mir geholfen, aus Erziehungsmustern auszubrechen, die mir nicht gefallen."

Sofie, Mutter von zwei Kindern

5. Konsequent üben

Nach wieviel Erholung, Selbstfürsorge und Spaß klingt es, eine mir unbekannte Sprache Buchstabe für Buchstabe abzustöpseln, dabei Töne treffen, den Takt halten und außerdem bitte noch grade sitzen zu müssen? Und das am besten täglich … 

Meine Oma hat die Grundzüge veralteten Musiklernens mal ganz treffend so zusammengefasst: „Stefanie, erst wenn die Töne am Klavier alle richtig sitzen, dann kommt der Spaß dazu …“ Damals war ich etwa 7 Jahre alt. Der Spaß hat sich nie eingestellt, ich habe kurz darauf das Handtuch geworfen.

Und ja, dieses Erbe tragen wir Musiklehrer:innen noch mehr oder weniger reflektiert als Altlast mit uns herum.

 

Um meine Arbeit auf neue Ziele auszurichten, habe ich mich schon früh im Musikstudium mit körper- und wahrnehmungsorientierten Ansätzen zum Musiklernen beschäftigt und gebe mir heute den Begriff „Musilienz“ als Leitstern.

 

Stefanie Böhm, Musik und Resilienz

Ich bin Stefanie

Anspannung, technische Hürden und Bühnenangst beim Musizieren haben mich lange gehemmt. Heute weiß ich, dass erfüllendes, freies Musizieren keine Frage von Begabung oder harter Arbeit ist. Wie es anders gehen kann, das gebe ich heute an Eltern und Pädagog:innen, und andere Betroffene weiter. Mehr zu meiner Arbeit

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